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Strategie und Diät
Erfolgreich ist, wer sie durchhält
21.11.2005Wir wissen genau, was wir tun sollten. Privat wie beruflich ist uns, wenn wir ehrlich sind, meist uneingeschränkt und eindeutig klar, WAS wir tun sollten, WIE wir dabei vorgehen müssten und WARUM wir so vorgehen sollten.
Niemandem muss erklärt werden, dass gesünderes Essen, mehr Bewegung, weniger Alkohol und der Verzicht auf Zigaretten gut für unsere Gesundheit ist. Genauso wenig muss einem Steuerberater erklärt werden, dass noch stärkerer Aufbau von Klientenbeziehungen, Förderung der Mitarbeiter, klare Zielvereinbarungen, Delegieren von Aufgaben, exzellente interne Kommunikation, etc. sich auf die Kanzleientwicklung äußerst positiv auswirken.
Tatsache ist allerdings, dass nur die wenigsten auch dementsprechend handeln. In „Warum wir es nicht tun“ habe ich 10 Gründe – besser gesagt Ausreden – aufgelistet, die üblicherweise dafür ins Treffen geführt werden. Jeder von uns möchte die Früchte der offensichtlich positiven Verhaltensweisen (z.B. gesünderes Essen und mehr Bewegung oder bessere Klientenbeziehung und Delegieren von Aufgaben) ernten. Also muss es jedoch einen Grund dafür geben, warum die Welt nicht nur aus idealgewichtigen und gesunden Menschen bzw. äußerst erfolgreichen Steuerberatern besteht.
Man denkt, es müsste genügen, den Menschen zu erklären, dass ihr Leben bzw. ihr Unternehmen besser sein könnte, wie man dabei vorgehen sollte (viele Tipps dazu finden Sie auf www.stefanlami.com) und dass sich ihre Anstrengungen lohnen werden. Und trotzdem ist diese Auffassung nachgewiesener Weise falsch. Wenn es nämlich so wäre, gäbe es keine Übergewichtigen, keine Alkoholiker, keine Drogenabhängigen, keine Unternehmen in Schwierigkeiten und keine gescheiterten Beziehungen. „Oh, ich verstehe, das ist nicht gut für mich. O.k., dann werde ich damit aufhören und es selbstverständlich ändern!“
Menschen sind anders „gestrickt“
Die wesentlichste Ursache dafür, dass wir nicht an denjenigen Dingen arbeiten, von denen wir wissen, dass wir sie verbessern sollten, liegt darin, dass wir die Ergebnisse erst in der Zukunft erhalten, Anstrengung und Disziplin aber sofort erforderlich sind.
Um unsere Ziele zu erreichen, müssen wir unsere Lebensgewohnheiten (Arbeitsweisen) jetzt ändern. Dann müssen wir Mut und Energie aufbringen, die neuen Verhaltensweisen beizubehalten (lesen Sie dazu auch „Mut als Voraussetzung für die Kanzleientwicklung“), um nicht durch Verlockungen in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Nur so ernten wir später die Früchte unserer Anstrengungen. Leider sind wir Menschen nicht alle gut bei derartigen Entscheidungen.
Wie oft haben wir uns schon mit den besten Absichten vorgenommen, uns durch ein (persönliches oder berufliches) „Fitnessprogramm“ zu verbessern? Wenn sich der Erfolg jedoch nicht sofort eingestellt hat, oder es einen „guten Grund“ gab, wurde das Programm zur Gänze gestoppt. Das ist ein typisches Muster: Sich viel vornehmen, ein wenig ausprobieren, nicht sofort den gewünschten Erfolg haben, bei den ersten Ablenkungen oder Schwierigkeiten aufgeben, den nächsten Versuch starten, wieder (zögerlich) ausprobieren, sich wieder abbringen lassen und frustriert enden. Menschen, die gegen dieses Muster gewappnet sind und Selbstdisziplin aufbringen, nicht aufzugeben, sind – nach meiner Erfahrung – die Ausnahme.
Individuelle Veränderungsprozesse sind auf Grund der beschriebenen Tatsache schon schwierig genug. Für einen Veränderungsprozess in einer Gruppe potenziert sich die Herausforderung.
Welche Strategie? Welche Diät?
Die erfolgreichste Diät ist die, die man beibehält. Es ist belanglos, für welche Diät man sich entscheidet. Genauso ist es bei der Frage nach der Strategie. Die erfolgreichste Strategie ist die, die man beibehält.
Dazu allerdings eine kleine Einschränkung: Sie kennen sicher den Jo-Jo-Effekt bei Diäten. Das Gewicht, das man schnell verliert, hat man genauso schnell – mit ein paar Kilo mehr – wieder auf den Rippen. Eine Diät funktioniert also niemals in einem Schnellverfahren. Die bekannten Modediäten erzeugen lediglich den Markt für weitere Modediäten. Nur die kontinuierliche Gewichtsabnahme über einen längeren Zeitraum führt zu einem dauerhaften Erfolg. Dafür bedarf es aber immer einer Umstellung der Lebensgewohnheiten.
Auch das gilt uneingeschränkt für die Strategie eines Unternehmens. Eine Strategie, die kurzfristig und unmittelbar zum Erfolg führen soll, ist ein Widerspruch in sich. Strategie und Kurzfristigkeit passen nicht zusammen. Entscheidend sind die kontinuierlichen und über einen längeren Zeitraum durchgeführten Verhaltensweisen des gesamten Teams. Für den Erfolg einer Strategie bedarf es immer einer Umstellung der Gewohnheiten im Unternehmen.
Die Frage nach der richtigen Strategie wird häufig durch aufwändige Analysen zu beantworten versucht. Es ist o.k., sich z.B. mit den Stärken und Schwächen zu beschäftigen, das Ziel einer strategischen Planung liegt aber nicht in analytischen Erkenntnissen, sondern in der Lösung der Probleme und der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen. Daher lauten die entscheidenden Fragen: „Welche unsere Vorgangsweisen sind wir wirklich bereit, dauernd und für immer zu verändern? Welche Themen sind wir bereit, wirklich zu bearbeiten? Welche Kompetenzen wollen wir wirklich aufbauen?“ Das ist eine ganz andere Art der Fragestellung. Ziele zu diskutieren macht Spaß und ist anregend. Aber darüber zu diskutieren, welche Disziplin man zu akzeptieren bereit ist, um die Ziele zu erreichen, ist unangenehm und manchmal sogar bedrohlich.
Ein Beispiel: Wir alle sind uns sicher einig, dass das Ziel „Differenzierung am Markt durch exzellenten Klientenservice“ sinnvoll ist. Die meisten Kanzleien verfügen über ein derartiges Ziel. Wie viele Kanzleien sind aber bereit, vierteljährlich ein e-mail an alle Klienten zu schicken, um sie darin aufzufordern, durch das Anklicken der Ampel im e-mail den Grad Ihrer Zufriedenheit bekannt zu geben? „Grün“ steht für volle Zufriedenheit, „Gelb“ bedeutet, dass es gewisse Vorbehalte gibt, und „Rot“ heißt Unzufriedenheit. Alle e-mails, die mit „Gelb“ oder „Rot“ beantwortet werden, erhält der Inhaber bzw. Partner, der sich verpflichtet, sich persönlich um diese Klienten zu kümmern. Die Ergebnisse werden allen Mitarbeitern in der Kanzlei bekannt gemacht, sodass auch die Sekretärin den Erfolg des Teamleiters, Inhabers oder Partners erkennen kann.
Genauso schnell sind wir uns einig, dass die professionelle Führung der Mitarbeiter ein Erfolgsfaktor für das Unternehmen ist. Wie viele Inhaber, Partner oder Teamleiter sind aber bereit, sich einer monatlichen Bewertung Ihrer Führungsqualitäten durch die Mitarbeiter anhand eines kurzen Fragebogens zu unterwerfen? Die Ergebnisse werden in der Kanzlei allen offen gelegt und bei den monatlichen Kanzleimeetings besprochen.
Krise als Auslöser?
Der erste Herzinfarkt, Diagnose Diabetes, Lungenkrebs? Wir alle wissen, dass in einer derartigen Situation Veränderungen des Lebensstils sehr wohl möglich sind, die man zu realisieren schon jahrelang erfolglos versucht hat.
Muss für Menschen und Unternehmen wirklich etwas Schlimmes passieren, bevor sie tun was sie schon lange hätten tun sollen? Lernen wir nur durch Schmerz? Gibt es nicht auch andere Möglichkeiten?
Erfolgskriterien für Strategie und Diät
Die folgenden acht Punkt bilden einen guten Startpunkt für die Realisierung von strategischen Zielen. Selbst wenn Sie nicht alle Vorschläge in den strategischen Plan integrieren können, so helfen selbst schon einzelne Punkte, gesteckte Ziele leichter zu erreichen.
1. Einbau in die tägliche Routine:
Die meisten kennen diese Tatsache (Dr. Strunz sei Dank). Sie möchten laufen? Laufen Sie täglich. Laufen muss zu einem ganz normalen Bestandteil Ihres Tagesablaufs werden. Ähnlich ist es im Unternehmen. Ihre Ziele müssen in das tägliche Kanzleigeschäft integriert werden. Strategie und Kanzleientwicklung sind keine „Projekte“. Ihre strategischen Ziele müssen Inhalt JEDER Kanzleibesprechung sein; kommunizieren Sie wöchentlich die Fortschritte; verwenden Sie und Ihre leitenden Mitarbeiter 15 Minuten täglich für die Erreichung der Ziele.
2. Große Ziele in kleine Schritte zerlegen:
Das Ziel, 25 kg abnehmen zu wollen, kann äußerst frustrierend sein, weil man es sich einfach nicht vorstellen kann. Jede Woche ein halbes Kilo dürfte aber für die meisten möglich sein. In einem Jahr haben Sie es geschafft. Bei der Umsetzung von strategischen Maßnahmen geht es immer um eine relative Verbesserung. Sobald man sich verbessert, auch wenn es nur kleine Schritte sind, ist man auf dem richtigen Weg.
3. Maßeinheiten anpassen:
Messen Sie das, was Sie verbessern möchten. Ob z.B. die Klientenzufriedenheit steigt, erfährt man nur, wenn man sie misst (Sie erinnern sich an die Ampel?).
4. Freiwilligkeit:
Diäten funktionieren, wenn man sie für sich selbst macht. Selten bis gar nicht nimmt man ab, wenn man es jemandem anderen zuliebe macht. Die eigene Entscheidung, der eigene Wille, die Selbstverpflichtung sind stärker als „es anderen Recht machen wollen“. Inhaber, Partner, Teamleiter, Mitarbeiter – eben alle Menschen im Unternehmen – müssen für sich selbst die gesteckten Ziele erreichen wollen.
5. Prinzipien und Werte:
Über Techniken, Maßnahmen und Geschäftspraktiken lässt sich leicht streiten. Über Prinzipien und Werte kann man nicht diskutieren. Unternehmen, die über Werte und Prinzipien verfügen, tun sich leichter bei der Umsetzung von Maßnahmen.
6. Trainer und Coach:
Diese Tatsache ist aus dem Spitzensport bekannt. Selbst die Weltklasse (egal in welcher Sportart) weiß um die Vorzüge eines Trainers.
7. Die „richtigen“ Menschen:
Stellen Sie sich vor, Sie möchten abnehmen, aber Ihr Lebenspartner nimmt Ihren Vorsatz nicht ernst. Es ist ja schon schwierig genug, den sich bietenden Verlockungen zu widerstehen, und dann kommt noch dazu, dass Sie von Ihrem Lebenspartner immer wieder „verführt“ werden (opulentes Essen zu Hause oder im Restaurant, etc.). Nur wenn Sie Menschen um sich haben, die hinter Ihren Zielen stehen und Sie dabei unterstützen, werden Sie Erfolg haben. Sind Ihre Mitarbeiter bereit, ihren Teil zur Erreichung der Ziele beizutragen? Solange das nicht so ist, werden Sie scheitern. Finden Sie Mitarbeiter, die die Unternehmensziele tragen, und trennen sie sich von allen, die das nicht tun.
8. Sich selbst „überlisten“:
Jeder von kennt das. Wir brauchen in schwierigen Situationen einen Trick, um uns selbst zu überlisten: „Nur noch eine Runde, dann habe ich mir eine Pause verdient!“ oder „Jetzt sage ich allen Freunden, dass ich aufhören möchte zu rauchen, dann ist es mir zu blöd, wenn ich es nicht schaffe“. Suchen Sie in der Kanzlei nach Möglichkeiten, z.B. kleine Erfolge zu feiern, spielerisch Ergebnisse darzustellen oder sich selbst zu verpflichten.
Bedeutung für die strategische Planung
Schenken Sie bei der strategischen Planung der Analyse nicht zu viel Bedeutung. Legen Sie Ihren Fokus auf die genannten Erfolgskriterien. Welche „Diät“ sind Sie bereit, WIRKLICH einzuhalten? Falls Sie zu keiner „Diät“ bereit sind, ist das auch in Ordnung. Hören Sie dann aber auch auf, so zu tun als ob.