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Digitalisierung & Automatisierung – Endlich!
Steuerberater können jetzt das tun, was Klienten schon immer wollten
22.03.2017Sorgen und Ängste gehen um in der Branche der Steuerberatung: Die Digitalisierung rationalisiert Arbeitsplätze weg, die technischen Herausforderungen sind nicht zu bewältigen, Klienten wollen die digitale Zusammenarbeit ja gar nicht, bisherige Honorare geraten unter Druck, Mitarbeiter sträuben sich gewohnte Arbeitsroutinen zu ändern, etc. etc.
Ja, so kann man die Welt sehen. Und sie sich damit auch ein gutes Stück weit selbst so erschaffen. Allerdings könnte man die stattfindende Transformation ganz anders betrachten: JETZT verfügt die Branche endlich über jene Werkzeuge und Tools, um den – schon ewig – vorhandenen Wünschen und Erwartungen der Klienten nachkommen zu können. Eine gewagte These? Ganz und gar nicht! Im Gegenteil!
Frühzeitiges Erkennen von Fehlentwicklungen
In dem Videobeitrag „Sich abheben durch Erkennen von Fehlentwicklungen“ habe ich bereits vor einiger Zeit dargestellt, welch schlechtes Image die Branche in diesem Zusammenhang hat. Sie finden dort auch das Ergebnis der österreichischen spectra-Untersuchung, die sich im Jahr 2016 erneut bestätigt hat. Die meisten Klienten, vor allem die unternehmerischen unter ihnen, erwarten von ihrem Steuerberater, dass er frühzeitig Fehlentwicklungen erkennt und er von sich aus auf sie zugeht. Proaktive Beratung ist das Schlagwort.
Die jetzt vorhandenen technischen Möglichkeiten schaffen genau dafür die Grundlagen. Erstens, weil man bei – richtigem und gekonntem – Einsatz aller Automatisierungsmöglichkeiten Zeit bei der Bearbeitung gewinnt, die dann für aktive Beratung eingesetzt werden kann. Und zweitens, weil die technischen Möglichkeiten jetzt ein tägliches oder wöchentliches Bearbeiten des Rechnungswesens ermöglichen. Nicht nur schneller erledigen, um mehr beraten zu können, sondern auch noch früher dran zu sein, um den Klienten fast in Echtzeit zu informieren. Und das außerdem noch in Form von „24 Stunden-7 Tage-Service“ durch Portale oder Cloud-Lösungen. Das werden (die meisten) Klienten lieben. Und übrigens werden Sie dafür auch weiterhin ein passendes Honorar bezahlen.
Eine einfachere Zusammenarbeit mit dem Steuerberater
Klienten wären ja verrückt, würden sie nicht den Vorschlägen des Steuerberaters folgen, die die Erledigung des eigenen Rechnungswesens für sie selbst erleichtern. Kein Unternehmer mag „Rechnungswesen“ wirklich (außer Steuerberater – hoffentlich). Unternehmer wollen Geschäfte machen, das dafür notwendige Rechnungswesen sollte hoch effektiv, effizient sein und reibungslos funktionieren.
Die Digitalisierung und Automatisierung bietet nun (endlich) jene vielfältigen Möglichkeiten, diese Erwartung der Klienten zu erfüllen. Bringt Digitalisierung allerdings nur Vorteile für die Kanzlei, und im schlechtesten Fall sogar Mehrarbeit für den Klienten, ist es doch nur logisch, dass Klienten diese Initiativen ablehnen. Im Live-Video-Beitrag „Follow me home“ habe ich dazu auch bereits berichtet. Auch der dritte konzentrische Kreis der Digitalisierung und Automatisierung spricht genau diese Situation, Nutzen für Klient und Steuerberater, an.
Zu erreichen ist ein beidseitiger Nutzen nur dann, wenn Steuerberater – oder deren Mitarbeiter – die Rechnungswesenprozesse der Klienten sehr gut kennen und ihnen individuell passsende Vorschläge zu deren Optimierung unterbreiten und sie bei der Implementierung tatkräftig zur Seite stehen. „One-size-fits-all“-Lösungen, also das Darüberstülpen von vorhandenen Softwarebausteinen, werden dafür nicht ausreichen.
Ergänzend zur Abrundung dieses Punktes: Stellt der Klient fest, dass sich erstens seine Bearbeitungszeiten für das Rechnungswesen seines Unternehmens verringern und zweitens die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater noch einfacher gestaltet, dann wird er dafür auch ein Honorar bezahlen.
Ein Leistungsumfang in neuer alter Dimension
Diesen Aspekt habe ich schon vor einiger Zeit bereits vorgestellt – siehe „Zurück in die Zukunft“. Durch die Zeitersparnis richtig gemachter Digitalisierung & Automatisierung ist es möglich, die Qualität des laufenden Rechnungswesens derart zu verbessern, dass monatliche Abschlüsse nicht nur theoretisch möglich, sondern Realität sind. Außerdem können damit Leistungsbereiche an den Kern der Leistung (Buchhaltung, Lohnabrechnung) angedockt werden. Von der Buchhaltung zum hochprofessionellen Rechnungswesen (inkl. Zahlungsvorschlägen, Mahnwesen, Kostenrechnung, Soll-Ist-Vergleichen, etc.). Von der Lohnabrechnung zum hochprofessionellen Personalmanagement (inkl. Arbeitszeitmodellen, Urlaubsverwaltung, Lohnoptimierung, Unterstützung beim Recruiting, etc.).
Derartige Leistungen sind gefragt, gewünscht, geschätzt und werden sicher weiterhin von Klienten entsprechend honoriert werden.
Gezielte Informationen für unternehmerische Entscheidungen
Unternehmer treffen ihre Entscheidungen immer unter Unsicherheit. Das ist das Wesen des Unternehmertums. Fundierte Grundlagen, zeitgerecht und passend für das Unternehmen können die Qualität der Entscheidungen signifikant verbessern und damit den Unternehmenserfolg sichern.
Durch die konzentrischen Kreise 5 und 6 der Digitalisierung werden genau die dafür notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Selbst wenn es im Moment noch schwer vorstellbar ist, dass aus den gewonnenen Daten vollkommen neue Erkenntnisse gewonnen werden (z.B. Strukturdaten der Branchen in einer noch nicht bekannten Tiefe; Echtzeitinformationen zu Einkaufspreisen, etc.) so wage ich die Prognose, dass dies schneller eintreten wird, als es im Moment gedacht wird. Nicht betonen muss ich in diesem Zusammenhang, dass diese Leistungen des Steuerberaters für Unternehmen extrem wertvoll sind – und daher auch entsprechende Honorare rechtfertigen werden.
Resümee
Ist mit einer derartigen Betrachtung, d.h. mit einem deutlichen Fokus auf den möglichen und vorhandenen Nutzen des Klienten, die digitale Transformation nicht einfach nur eine logische, sinnvolle und gewünschte Veränderung des Berufsstandes, deren Realisierung es schon längst bedurfte? Können nicht alle Steuerberater nun froh sein, endlich über jene Werkzeuge zu verfügen, die die Erfüllung all dieser Klientenerwartungen möglich machen?
Stellen Sie den Klienten, mit seinen Bedürfnissen, Wünschen, Erwartungen an den Beginn ihrer Überlegungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung und Automatisierung. Sehr wahrscheinlich kommen Sie dann zum Schluss – na endlich, Zeit wird’s!
Eine zu gewagte These? Ich freue mich auf Ihre Meinung.
4 Kommentare
Bernhard Brugger 24.03.2017 / 10:53 Uhr
Lieber Stefan, danke für Deine gewagte These.
Mit den gesteigerten Möglichkeiten der Digitalisierung steigen, ebenso wie vergleichbar der industriellen Revolution von vor 170 Jahren, parallel die Anforderungen, Zwänge, Wünsche und Fortbildungen diese zu bewältigen. Vor Jahren bestand ein Jahresabschluss einer GmbH aus Bilanz, GuV und Anlagespiegel, heute gehört dazu, neben einer wesentlich komplizierteren Rechnungslegung, der Anhang, der Erstellungs- und Lagebericht, die E- und die Veröffentlichungsbilanz. Die Umsatzsteuererklärung dazu war ziemlich überschaubar, keine Spur vom heutigen EU-Umsatzsteuerdschungel.
Die spannende Frage ist nun, wann hatten wir mehr Zeit für unsere Mandantenberatung? Ich würde behaupten, dass dies nichts mit dem Stand der Digitalisierung zu tun hat, sondern der Zielsetzung in der Kanzlei und der (disziplinierten) Eigenorganisation. Wer dies bisher nicht hinbekommt, wird dies mit zunehmender Digitalisierung auch nicht hinbekommen. Dazu bietet diese mit Facebook, What`s App, Internet und Co. viel zu viele verlockende Zerstreuungsmomente, selbst für den Fall, dass alle unsere schönen neuen digitalen Programme perfekt laufen.
Und wer dies bisher hinbekommt, kann das auch sorgen- und angstfrei in der Zukunft.
Nochmals DANKE für Deine anregende These und herzliche Grüße Bernhard
Stefan Lami 24.03.2017 / 13:53 Uhr
Lieber Bernhard!
Vielen Dank für Deine Sichtweise und die absolut zutreffenden Hinweise, denen ich zustimme.
Allerdings hat es - so meine Erfahrung - bisher noch nie eine Chance gegeben, das Zeitausmaß für deklaratorische Arbeiten in einem deartigen Ausmaß reduzieren zu können (bei gleicher Qualität), wie es jetzt durch den gekonnten Einsatz der technologischen Mittel möglich ist. Dass sich z.B. Erstellungszeiten durch Datenübernahmen, Schnittstellen, etc. bei einigen Klienten um mehr als 50 % reduzieren. Weil eben bestimmte Prozessschritte einfach wegfallen.
Unzweifelhaft "kostet" das Herstellen dieser Voraussetzungen Zeit und unzweifelhaft steigen die Anforderungen (umfangsmäßig und inhaltlich) kontinuierlich. Allerdings sind die möglichen Effizienzsprünge beträchtlich ... sodass JETZT mehr Zeit für Beratung vorhanden sein sollte. Wofür es natürlich auch die notwendigen Fähigkeiten braucht.
Wer bisher nicht aktiv beraten hat, hat eine neue Chance. Wird er sie nützen? Wer bisher schon aktiv beraten hat, hat jetzt die noch besseren Chancen/Möglichkeiten.
Viele liebe Grüße an den Bodensee
Stefan
Stefan Crivellin 01.04.2017 / 11:36 Uhr
Lieber Stefan,
mal wieder perfekt auf den Punkt gebracht!
Vielen Dank für diese positive Sichtweise, die ich nur bestätigen kann.
Auch Dr. Volker Lang, Partner bei A.T. Kearney, die ausgehend von der Oxford-Studie die Berufe in der Buchhaltung zu den 10 am meisten durch Automatisierung gefährdeten Berufen zählen, teilt diese positive Sichtweise. 4 Zitate von ihm belegen das sehr gut:
„Es macht keinen Sinn, rasant wandelnden Jobprofilen nachzutrauern.“
„Tatsächlich haben technologische Innovationen und Strukturwandel bisher auch neue Jobs und Wohlstand mit sich gebracht.“
„Es kommt darauf an, Veränderungen wie Digitalisierung, Vernetzung und Automatisierung sinnvoll zu nutzen und Wandel aktiv zu gestalten.“
„Wir können abwarten und uns von der Automatisierung überrollen lassen. Oder wir können uns mit Mut zu Wandel und Veränderung darauf einlassen – und flexibel und neugierig nach den neuen Möglichkeiten suchen, die sich daraus ergeben.“
Vor allem Letzteres Zitat möchte ich unseren Berufskollegen gerne zurufen.
Herzliche Grüße nach Österreich
Stefan
Stefan Lami 01.04.2017 / 18:07 Uhr
Lieber Stefan!
Danke für Dein Feedback und die wertvolle Ergänzung durch die 4 treffenden Zitate.
Liebe Grüße
Stefan