Mag. Stefan Lami - Steuerberatung - Unternehmensberatung

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Angst - Hindernis bei Veränderungsprozessen

Eine Emotion, die lähmt und beflügelt

27.02.2006

So kann es nicht weiter gehen! Kennen Sie diesen Satz? Ist er Ihnen, wenn schon nicht laut über die Lippen gekommen, wohl aber bereits unangenehm in Ihrem Kopf herum gespukt? Lange schon haben Sie vielleicht erkannt, dass Ihnen das Rauchen mehr schadet, als es Sie entspannt, oder dass die paar Kilos zuviel auf Ihren Hüften, mehr als nur mehr nicht mehr ganz ihrer Idealfigur entsprechen, sondern bedrohlich nahe in Richtung gesundheitlichem Risiko rücken; Ihre Arbeitsweise womöglich aufwändig, aber leider nur wenig zielführend geworden ist. Wenn sie rational über diese Themen nachdenken, dies auch mit einem Partner, Arzt, Berater oder Berufskollegen offen besprechen, ist Ihnen längst klar: So kann es wirklich nicht weiter gehen! Und keineswegs ist es so, dass Sie nicht wüssten, was sie alles tun könnten, um die für Sie unbefriedigende Situation, Ihr Körpergewicht oder auch Ihr Essverhalten grundlegend zu verändern. Doch selbst die besten Vorsätze, häufig zum Jahreswechsel ehrfürchtig mit sich selbst verhandelt, sind bereits im Fasching in nebulösen Ecken unseres Erinnerungsvermögens still und heimlich untergetaucht.

Veränderung ja, aber wie?

Für uns stellt sich hier nun die Frage, ob Menschen sich überhaupt verändern können, und wie schnell eine Veränderung gelingen kann. Eigene Erfahrungen lehren uns eher das Gegenteil, doch wir sind nur allzu gerne bereit den Erfolgsstorys der Medien Glauben zu schenken. Da hat jemand wie von selbst von heute auf morgen das Rauchen aufgegeben; ohne Anstrengung sein Idealgewicht erreicht; quasi ohne Idealbedingungen ein florierendes Unternehmen aus dem Nichts entstehen lassen usw. Beeindruckend diese Berichte. Sie ermutigen uns, und verleiten uns zu glauben, selbst in aussichtsloser Position kann man fast mühelos alles zum Besten wenden. Nur uns selbst will das auch bei bestem Wissen und Willen nicht so richtig gelingen. Keine Sorge, auch wenn es wirklich einige wenige geben mag, denen durchaus erstaunliche Veränderungen gelingen mögen, die Statistik spricht eine andere Sprache. Mehr als 25 Prozent aller guten Vorsätze scheitern nach durchschnittlich 15 Wochen. Die überwältigende Mehrheit von uns muss durch die Mühsal der Ebene ehe sie die gewünschten Gipfel erreichen kann. Fünf bis sechs Anläufe sind im Schnitt notwendig, bis man sein Ziel erreicht hat.

Widerstand ist normal

Im Allgemeinen versuchen wir unser Leben so zu organisieren, dass es für uns angenehm erscheint. Wir orientieren unser Handeln nach einem einfachen Prinzip: Wird es belohnt oder wird es bestraft? Belohnungen wollen wir wiederholen und Bestrafungen versuchen wir im Normalfall zu vermeiden. Veränderung heißt notwendigerweise die Aufgabe von bereits Bekanntem zu Gunsten von Neuem und Ungewissem. Jede noch so geringe Veränderung wird daher erst einmal mit großer Skepsis betrachtet. Es ist also völlig normal, auf Veränderungen nicht mit spontaner Begeisterung zu reagieren. Veränderungen greifen in unsere Handlungsfreiheit ein, sie wirken bedrohlich auf unsere Eigeninteressen und stellen unsere bisherigen Handlungsmuster, Entscheidungen, ja womöglich unsere gesamte Identität in Frage.

Angst: Die wichtigste Emotion in Veränderungsprozessen

Eine Steigerung zu selbst gewählter Veränderung stellt eine Veränderung dar, die ein Mensch nicht einmal selbst initiiert hat. Werden von außen Forderungen zur Veränderung an uns gestellt, reagieren wir mit einem Programm, das uns quasi die Evolution als Überlebensstrategie für den äußersten Notfall eingebaut hat. Wir haben Angst! Ein eingebauter Sicherungsmechanismus lässt bei uns in einer Blitzaktion ein Prüfprogramm ablaufen, dessen Ergebnis für uns handlungsleitend wird. Jede stattfindende Veränderung wird dahingehend überprüft, ob sie für uns eine Bedrohung darstellt oder nicht. Die sofortige Überprüfung einer Bedrohung hat für uns Menschen eine überlebenswichtige Funktion. Sie hat absolute Priorität und keineswegs lässt sich dieses biologische Grundmuster diskutieren. Vermuten wir eine Bedrohung, stellen wir uns sofort eine zweite entscheidend Frage: Bin ich dieser Bedrohung gewachsen? Wenn nein, aktivieren wir unser archaisches Angstabwehrprogramm. Für das Auslösen von Ängsten ist es dabei völlig irrelevant ob sie berechtigt sind oder nicht, wie realistisch oder unrealistisch sie sind. Immer entscheidet eine Person individuell, ob eine Wahrnehmung als beängstigend einzustufen ist oder eben nicht. Die Tatsache, dass jedoch das gesamte weitere Verhalten durch diese Emotion bestimmt wird, macht die Beschäftigung mit ihr lohnenswert. Was den Umgang mit Ängsten kompliziert macht, ist dass Angst bzw. Angst zu haben ganz allgemein ein heikles Thema ist und besonders in Arbeitsbeziehungen und Unternehmen geradezu ein Tabu.

Angst, Bedenken und Befürchtungen als Auslöser von Widerständen

Wo immer Widerstand auftaucht, haben wir es mit Emotionen zu tun. Emotionen mit logischen Sachargumenten zu begegnen erhöht oft weiter, was man eigentlich zu verringern versucht. Es gilt allerdings der Grundsatz: Ohne Widerstand gibt es keine Veränderung! Nicht das Vorhandensein von Widerstand, sondern das Fehlen sollte uns also beunruhigen. Wer selbst jemals lang eingeübte Verhaltensweisen verändern wollte, weiß, dass eine Verhaltensänderung keine Sache frommer Absichten ist. Auch mittels Drohungen oder Ermahnungen von außen, vereinfacht sich der Prozess nicht. Jeder Raucher wird uns bestätigen, dass es einen ungemein hohen Energieaufwand benötigt, die ersten rauchfreien Tage, ja zuerst sogar Stunden, zu überstehen. Ein starker Wille ist die Grundvoraussetzung, aber noch lange kein Garant für die Umsetzung. Widerstand kann also immer als ein Signal verstanden werden, das im Grunde anzeigt, dass Energiereserven vorhanden sind, die aus unserer Sicht blockieren, was im optimalen Fall zur Umsetzung eines Vorhabens freigesetzt werden könnte. So betrachtet ist Widerstand immer auch als Chance zu begreifen.

Angst ist sinnvoll

Angst empfinden zu können, ist grundsätzlich eine vorteilhafte Eigenschaft, die unser Leben in vielerlei Hinsicht erleichtert. Je nach Intensität werden durch Angst beim Menschen Verhaltensweisen ausgelöst, die zu unserer biologischen Grundausstattung gehören. Das wiederum ermöglicht uns ein Handeln, ohne vorher entsprechende Erfahrungen machen zu müssen, um uns vor lebensbedrohlichen oder sogar tödlichen Gefahren zu schützen. Das umfasst einfache Orientierungsreaktionen bis hin zu panischem Fluchtverhalten. Angst ist somit nicht nur eine lähmende, sondern auch eine mobilisierende Emotion. So sind Menschen, die sich beispielsweise vor einer drohenden Gefahr ängstigen, zu Leistungen fähig, die unter normalen Umständen nicht möglich gewesen wären. In diesem Sinne beflügelt uns Angst zu einem Handeln mit großer Entschlossenheit und reichlich Energie.

…aber

  • Angst verhindert, dass Wissen in die Tat umgesetzt wird
    Angst ist die Ursache von vielen Umsetzungsproblemen. Wieder besseren Wissens bleibt man bei fehlerhaftem oder mangelhaftem Verhalten. Damit wird verhindert, dass langfristig neue Perspektiven eingenommen werden können. Strategien werden aus Angst nicht entworfen. Innovationen werden verhindert oder nicht gestartet.
  • Angst trübt den Blick für die Zukunft
    Der eigentliche Sinn der Angst, nämlich in bedrohlichen Situationen ein Handlungsprogramm automatisch aktivieren zu können ist zugleich ein großer Nachteil. Indem wir uns mit all unserer Energie nur mehr auf die unmittelbare Gegenwart konzentrieren können, verlieren wir den Blick auf die Zukunft. Die unmittelbaren beängstigenden Aussichten beherrschen das Denken, was keinerlei langfristige Problemlösung zulässt.
  • Angst behindert das Denken in größeren Zusammenhängen
    Angst bündelt unsere Energie. Sie fokussiert unser Denken auf einen Minimalzusammenhang. Neben- und Fernwirkungen haben hier keinen Platz. Eine dynamische Entwicklung wird nicht in Betracht gezogen.
  • Angst lässt keinen Sinn für Gemeinschaften oder Teams mehr zu
    Emotionen betreffen uns immer ganz persönlich. Sie sind abhängig von unserer individuellen Bewertung unserer Wahrnehmung. Ganz im Sinne von „Jeder ist sich selbst der Nächste“. Teamarbeit wird dadurch konfliktreich und schwierig.
  • Angst lässt Lernen nicht zu
    Versteht man unter Lernen sich von einer Ebene der Entwicklung zu einer nächst höheren weiter zu bewegen, um zusätzliche Handlungsoptionen zu gewinnen, so verhindert die Angst vor dem Risiko diesen Fortschritt.


Angst ist eine vielschichtige Emotion, die den Umgang mit ihr nicht unbedingt leicht macht. Wenn auch Angst eingeschränkt als Motivator Geltung hat, so verhindert sie meist mehr, als dass sie nützt. Um blockierte Energien frei zu setzen, lohnt sich jedoch die Auseinandersetzung mit dem Thema.

Wie man mit der Angst in Veränderungsprozessen erfolgreich umgeht, wird in einem der nächsten Beiträge dargestellt.

 

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