Mag. Stefan Lami - Steuerberatung - Unternehmensberatung

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Neue Wege der Mitarbeitergewinnung

Quereinsteiger - mehr als eine Alternative?

24.03.2021

Mitarbeiter für die Kanzlei zu gewinnen ist eine der größten Herausforderungen der Steuerberaterbranche. Vor allem für jene Kanzleien, die dynamisch wachsen. Dem Thema Mitarbeitersuche habe ich bereits mehrere Beiträge auf meiner Homepage gewidmet. Wie z.B. den Videobeitrag „Professionelle Mitarbeitersuche“. Bitte beachten Sie auch die dort genannten Beiträge, sodass Sie einen umfassenden Blick zu den Möglichkeiten für die Mitarbeitersuche erhalten. Im Videobeitrag „Die zukünftige Attraktivität des Berufsstandes" hebe ich die Bedeutung der Führungskräfte hervor, um die Aufgaben in der Steuerberatung für Mitarbeiter attraktiv zu gestalten und damit die Zukunft zu sichern.

Kein Fachkräftemangel
Mit meiner etwas provokanten Aussage bei Vorträgen, dass es keinen Fachkräftemangel gibt, ecke ich naturgemäß unter der Berücksichtigung der Rahmenbedingungen einer sich ändernden Altersstruktur in der Bevölkerung, rückläufigen Ausbildungszahlen, weniger Kandidaten für die Steuerberatung und abnehmenden Zahlen von bestandenen Steuerberaterprüfungen an. Mein Argument für die These, dass es keinen Fachkräftemangel gebe, ist, dass – wenn es denn so wäre – die Branche deutlich mehr für die Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern tun würde. Unzweifelhaft tue ich hier doch einigen Kanzleien unrecht. Nämlich jenen, die Mitarbeiterentwicklung sehr ernst nehmen und sich in ihrem Personalmanagement äußerst professionell aufstellen. Flächendeckend betrachtet verfügt allerdings das Engagement für Mitarbeiterentwicklung – so meine Einschätzung – einiges an Entwicklungspotenzial. Ein heißes Thema in diesem Zusammenhang ist auch die Gehaltshöhe in der Branche, die im Durchschnitt betrachtet deutlich unter jener der Industrie und des Gewerbes liegt. Ich kann Ihren Aufschrei „Wie sollen wir uns das leisten können?“ fast schon hören. Effektives Arbeiten und die Anpassung der Honorare sind nur zwei der möglichen Antworten. Für beide Ansätze bieten Ihnen die Beiträge auf meiner Homepage eine Fülle von konkreten Verbesserungsmöglichkeiten.

Ausbilden, ausbilden, ausbilden
Wer die Zukunft der Kanzlei erfolgreich gestalten möchte, kommt um die Ausbildung junger Leute nicht herum. Trotz aller Vorbehalte, wie z.B. der Kosten. Vor allem jener Kosten für die routinierten Mitarbeiter, die die Ausbildung der jungen Leute übernehmen. Und auch trotz der oft gehörten Meinung, dass die in der Kanzlei ausgebildeten Leute dann weg oder zur Konkurrenz gehen. Was ist denn die Alternative zu gut ausgebildeten Mitarbeitern, die möglicherweise die Kanzlei verlassen? Schlecht ausgebildete, die sicher bleiben?

Zu „Ausbildung“ finden Sie mehrere Beiträge auf meiner Homepage. Unter anderem den Beitrag Hochleistungsteams

Von anderen Branchen lernen
Die vielfältigen Verwerfungen, die die Pandemie in der Wirtschaft verursacht hat, machten natürlich nicht vor dem Arbeitsmarkt halt. So gibt es unter anderem die Initiative, dass sich Flugbegleiter zu Pflegefachkräften ausbilden (umschulen) lassen. Natürlich werden das nie so viele neue Pflegefachkräfte sein können, dass sich damit der Mangel an Pflegepersonal decken ließe. Erstaunlich ist allerdings der doch gravierende Unterschied zwischen den beiden Berufen. Insbesondere in der gesellschaftlichen Wahrnehmung.
In der Eventbranche arbeiten sehr oft IT-affine Mitarbeiter, die mit der technischen Seite von Veranstaltungen zu tun haben. Sie verfügen meist über sehr großes IT-Know-How und Verständnis. In der Hotellerie sind Rezeptionsmitarbeiter Buchungsroutinen gewöhnt. Kundenorientierung, gepflegtes Auftreten u.v.m. bringen diese Mitarbeiter auch noch mit. In diesen und vielen anderen Branchen finden sich derzeit viele – meist jüngere – Leute, die eine krisensichere Alternative suchen. Nur denken sie dabei an die Steuerberaterbranche?

In der Beratungsbranche selbst sind berufsfremde Kandidaten gesucht und gewünscht. Die Boston Consulting Group wirbt mit unter ohnebwl.bcg.de

Dort finden Sie unter anderem die Aussage

„… bereichere auch du die Group mit deinem Wissen aus Naturwissenschaften, Jura, Psychologie, Medizin oder was du deine Lieblingsdisziplin nennst. Was zählt, ist dein Blick über den Tellerrand. Alles andere bringen wir dir bei.“

Der letzte Satz ist aus meiner Sicht so wichtig: „alles andere bringen wir Dir bei“.

Quereinsteiger – eine Alternative?
Werfen Sie bitte einen Blick auf den Online-Beitrag von brand eins. Natürlich hat sich die Situation in der Gastronomie seit dem Jahr 2014 gravierend verändert. Allerdings, der zu Grunde liegende Gedanke, dass Quereinsteiger Chancen bieten, Vorzüge und Eigenschaften mitbringen, die ein von der Schule kommender Lehrling niemals haben kann, sind immer noch gültig.

So what?
Welche Schlüsse können aus diesen Entwicklungen und Überlegungen gezogen werden:

  • Im Recruiting auch branchenfremde Kandidaten ansprechen
  • Ausbildungs- und Einarbeitungskonzepte auf Quereinsteiger anpassen; z.B. intensives fachliches Training und noch früherer Klientenkontakt im Vergleich zum Schulabgänger
  • Klar definieren, was Quereinsteiger mitbringen müssen; z.B. eine schnelle Auffassungsgabe, Lösungsorientierung, und ja natürlich einen Bezug zur Zahlenwelt … „alles andere bringen wir Dir bei
  • Gehaltsmodelle für Quereinsteiger-Azubis anpassen

Natürlich wird der Fokus der Mitarbeitergewinnung weiterhin bei den bisher üblichen Zielgruppen bleiben. Bei der Lehrlingssuche an Schulen, bei der Suche von Absolventen von Handelsakademien (in Österreich), Fachhochschulen, Universitäten in den typischen Studienrichtungen sollten Kanzleien nicht lockerlassen und ihr dortiges Engagement weiter professionalisieren. Die Ausdehnung der Recruiting-Aktivitäten auf Quereinsteiger sehe ich als sinnvolle – und notwendige – Ergänzung, besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.

4 Kommentare

Alexander Haas 19.04.2021 / 15:02 Uhr

Die S73 ist eine Kanzlei mit bis zu 15 Mitarbeiter. Ihre Statements habe ich sehr aufmerksam gelesen.

Bei der Mitarbeitergewinnung kann ich Ihnen beim Punkt "Quereinsteiger" leider nicht zustimmen. Aufgrund unseren Erfahrungen der letzten 5 Jahren mussten wir diesen Versuch einstellen. Die intellektuelle Hürde für das Spektrum Steuerberatung / Dienstleistung scheint uns zu hoch zu sein. Eine Ausbildung die bei null oder darunter beginnt kann eine Kanzlei unserer Größe nicht bewältigen.

Einen sonnigen Gruß aus Berlin
Alexander Haas

1

Stefan Lami 22.04.2021 / 11:44 Uhr

Lieber Herr Haas,

vielen Dank für Ihr Feedback und dass Sie Ihre Erfahrungen teilen.

Quereinsteiger sind tatsächlich eine Herausforderung. Und natürlich müssen sie gewisse Eigenschaften mitbringen, die so gut wie nicht lehr- bzw. ausbildbar sind. Wie ich es am Ende des Beitrags angedeutet habe "schnelle Auffassungsgabe, Lösungsorientierung, Bezug zu Zahlen". Sind diese Fähikeiten vorhanden, wirkt Ausbildung. Wenn nein, dann stimme ich Ihnen zu 100 % zu. Es wird keine erfolgreiche Mitarbeiterentwicklung möglich sein.

Herzliche Grüße aus Tirol nach Berlin
Stefan Lami

2

Bernhard Brugger 30.04.2021 / 11:55 Uhr

Lieber Stefan,
unsere wie Du es zu Recht nennst blutleere Branche schafft es selbst in Pandemie Zeiten, in denen wir zusätzliche, unersetzliche, wichtige gesellschaftliche Arbeit leisten vollkommen unter dem öffentlichen Wahrnehmungsradar zu bleiben. Kein Wunder, dass hier so wenige arbeiten wollen.
Wir machen derzeit gute Erfahrungen mit zwei QuereinsteigerInnen. Natürlich bringen sie die Basisfähigkeiten mit, was im Einstellungsprozess zu ergründen war. Eine sehr große Hilfe und ein massiver Beschleuniger bei der Einarbeitung sind die mittlerweile zahlreichen digitalen Fortbildungsmöglichkeiten, die ständig verfügbar sind. Früher war es viel schwieriger diese Fortbildungen zeit- und ortsgerecht zu belegen. Zudem können sie Fähigkeiten mitbringen, die in der Kanzlei bisher noch nicht optimiert waren. Beispiel: unsere 30 jährige indische Auszubildende schreibt von uns allen die sprachlich besten Briefe für unsere englisch sprechenden Mandanten.

3

Stefan Lami 30.04.2021 / 18:33 Uhr

Lieber Bernhard,

danke für Deine Zustimmung und dass Du Deine guten Erfahrungen mit Quereinsteigern teilst.

In Sachen "Eigen-PR" für den Berufsstand ist tatsächlich noch sehr viel Potenzial. Der einzelne Klient schätzt das Engagement des Beraters in allen Corona-Fragen ungemein. In der Bevölkerung wird das jedoch so gut wie gar nicht wahrgenommen. Verbände, Kammern könnten hier sehr viel bewegen. Schneller und einfacher geht es, wenn die einzelnen Kanzleien in diesem Zusammenhang etwas unternehmen. Z.B. ein Interview zur aktuellen Situation in einem lokalen/regionalen Medium (Zeitung, Radio, TV) geben.

Liebe Grüße an den Bodensee
Stefan

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