- Seite drucken
- Als PDF speichern
-
Seite weiterempfehlen
Ihre Empfehlung wurde versendet.
- RSS-Feed abonnieren
- Podcast abonnieren
Motivation ist Demotivation
Warum Sie Ihre Mitarbeiter nicht motivieren können und warum es genügt, sie nicht zu demotivieren
16.03.2005Motivation ist einer der meist gebrauchten Begriffe der modernen Unternehmensführung. Seine Verwendung ist unabdingbar mit Führung und Leistungssteigerung verbunden. Er gilt fast als Synonym für Führung. Das Team zu motivieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben jeder Führungskraft.
Die Managementliteratur zum Thema Motivation füllt ganze Bibliotheken, und jeder Manager kennt eine Vielzahl der verschiedensten Techniken. Nur sehr selten - oder gar nie - wird hinterfragt, ob man Mitarbeiter wirklich motivieren kann.
Motivation, vereinfacht ausgedrückt, ist nichts anderes als: Wie kann ich jemanden dazu bringen, etwas zu tun, das er von sich aus nicht tun würde. Der Mitarbeiter erbringt also nicht die ganze Leistung zu der er im Stande wäre, er vorenthält dem Unternehmen einen Teil seiner Arbeitskraft. Die Aufgabe der Führungkraft ist daher, die Lücke zwischen tatsächlicher Leistung und möglicher Leistung zu schliessen. Sie kennen vielleicht die Aussage “Sie haben wohl Ihr Team nicht richtig motiviert!” Diese Aussage trifft jeden Manager wie ein Knüppel, er fühlt sich wehrlos und im fehlen die Argumente.
Lassen Sie mich zu Beginn ganz provokant nochmals den Titel wiederholen und die Aussage treffen: “Jede Motivation führt zu Demotivation”. Sie werden diese Aussage nicht ohne weiteres akzeptieren können. Ich bitte Sie aber, mit mir ein paar Gedanken nachzuvollziehen und Ihren derzeitigen Standpunkt radikal zu überdenken.
Schon der Begriff Motivation zeigt, dass alle Techniken ins Leere gehen müssen. Motivation bezeichnet, wie beispielsweise “Emotion”, einen Zustand. In diesem Fall den des Motiviertseins. Motiviert sein kann nur eine Person oder eine Gruppe von Personen aus sich selbst heraus. Die Psychologie spricht hier auch von intrinsischer Motivation.
Motivation kann also nur etwas sein, das von innen kommt (Automotivation). Alles, was von außen kommt (Anreize, Bonussysteme, Incentives etc.) sollte man demnach besser Manipulation (Motivierung) nennen (nur das hört sich so schlecht an). Tatsache ist aber, dass jede "Motivation" einen Versuch der Manipulation darstellt.
Sie möchten, dass Ihre Mitarbeiter Überstunden machen. Sie fragen sich, wie Sie es schaffen, dass alle Mitarbeiter jeden Kundenkontakt als besonderes Erlebnis für den Kunden gestalten. Wie bringen Sie Ihre Mitarbeiter dazu mehr Dienstleistungen anzubieten und zu verhaufen? Was muss ich als Führungskraft tun, damit mein Team “motiviert” ist, und das tut, was ich als gut erachte.
Im Grunde genommen werden in dieser Betrachtungsweise Mitarbeiter als Reiz-Reaktions-Modell gesehen: Man müsse nur den Anreiz entsprechend erhöhen, dann würde auch die entsprechende Reaktion erzielt.
Motivation (Manipulation – Motivierung von aussen) geht von einem negativen Menschenbild aus. Der Urspung aller “Motivationstechniken” ist systematisches Misstrauen: Der Mensch sei von sich aus nicht bereit etwas zu leisten. Sehr interessant in diesem Zusammenhang sind die Antworten auf die Frage:“Und wer sorgt für Ihre Motivation als Führungskraft?” Dazu kommt die Tatsache, dass Führungskräfte aller Ebenen sich selbst mit 100% ihrer möglichen Arbeitsleistung einstufen, aber gleichzeitig das ihnen unterstellte Team vollkommen anders einschätzen.
Noch grotesker wird die Situation wenn Führungskräfte gefragt werden, wie sie gerne durch ihren Vorgesetzten motiviert werden möchten. Denn das lehnt der Großteil kategorisch als nicht notwendig ab. Selbstbild und Fremdbild stimmen also bei weitem nicht überein.
Wirklich außerordentliche Leistungen werden nie erbracht, um dem Chef zu gefallen oder um eine Gehaltserhöhung zu bekommen. Nein, der Antrieb dafür muss von innen kommen. Jeder Spitzensportler – soviel er auch verdient – vergisst während des Wettkampfes das Geld. Das muss er auch tun. Stellen Sie sich nur einen Tennisspieler vor: Wie soll er sich auf seinen Aufschlag konzentrieren, wenn er den Siegerscheck vor sich sieht?
Das gilt nicht nur für Spitzensportler. Unzählige Studien mit Kindern zeigen, dass sie eine ihnen gestellte Aufgabe besser erfüllen, wenn ihnen keine Belohnung versprochen wird. Sie lösen die Aufgabe aus sich heraus, und nicht wegen der Belohnung.
Analysieren wir als eine Technik der “Motivation” mögliche bestehende Anreizsysteme – oder auch variable Gehaltsbestandteile genannt. Diese finden Ihre Ursache in dem gleichen Misstrauen und rechtfertigen sich dadurch, dass es nur gerecht sei wenn jemand, der mehr leistet auch mehr verdienen sollte.
Tatsache ist aber, dass Sie dadurch Ihre Mitarbeiter zu “Drogensüchtigen” machen, und - damit diese weiter die geforderte Leistung erbringen - die Dosis kontinuierlich erhöht werden muss. Kurzfristig betrachtet können Sie es durchaus schaffen, dass sich die Leistung erhöht. Nur mit welchen Kosten?
Ein konkretes Beispiel aus dem Verkauf: Ein Unternehmen möchte seinen Umsatz erhöhen und bietet daher seinen Verkäufern eine entsprechend höhere Verkaufsprovision an. Das führt in vielen Fällen dazu, dass zwar kurzfristig die Umsätze steigen, da die Verkäufer tatsächlich mehr Abschlüsse tätigen. Leider nur eben oft in Form von Hardselling mit dem Resultat, dass die Kunden von Ihrem Produkt für längere Zeit nichts mehr wissen wollen.
Wenn Sie langfristig Marktwachstum geplant haben, läuft diese Entwicklung genau in die falsche Richtung.
Umgekehrt ist der Rückschluss auf rückgängige Umsätze der, dass es wohl den Verkäufern an “Motivation” fehle. Nur, gute Verkäufer wollen verkaufen und das Schlimmste das ihnen passieren kann, ist dass das Produkt nicht mehr stimmt. Überprüfen Sie daher zuerst, ob das Produkt stimmt, bevor Sie die Dosis erhöhen.
Diese Provisionen/Bonussysteme sind Drogen. Sie müssen laufend die Dosis erhöhen, damit sie wirkt. Der Verkäufer verkauft nicht mehr, weil er vom Produkt überzeugt ist, sondern weil er den Bonus erhalten will. Und er wird auch Wege finden, diesen Bonus zu erhalten. Aufträge werden vor- oder nachdatiert, dem Kunden unnötige Artikel “angedreht” und viele Dinge mehr, die keinerlei Gewinn für das Unternehmen darstellen.
Sehr ähnlich verhält es sich mit Bonussystemen für Bilanzsachberarbeiter in Steuerberatungskanzleien, wenn z.B. Umsätze aus Zusatzdienstleistungen den Gehalt des Mitarbeiters beeinflussen.
Sogenannte selbstregelnde Anreizsysteme sind auch ein Zeichen der Passivität der Führung. Die Führungskraft lehnt sich zurück und verabsäumt es genau das zu tun, was von ihr verlangt wird: zu führen. Führungskräfte müssen nicht Mangelleistungen Ihrer Mitarbeiter ansprechen, sie müssen nicht Konflikte austragen, sie müssen nicht für Ziele sorgen. Sie können passiv bleiben, da sich doch alles von selbst regelt und der Mitarbeiter nur sich selbst schadet, wenn er nicht “motiviert” ist.
Jede Form der “Motivation” führt zu Demotivation. Sie geht davon aus, dass der Mitarbeiter nicht leisten will. Sie erzeugt eine Reaktion des Mitarbeiters, die lautet: “So, jetzt motiviere mich mal richtig!” Der Mitarbeiter schiebt die Verantwortung für sein Tun nach außen, an seinen Vorgesetzten und alle Umstände, nur nicht auf sich. Es ist eine selbsterfüllende Prophezeiung, deren Folgen schon entstehen, sobald man damit beginnt.
Was aber ist die Lösung?
1) Was das Gehaltsmanagement betrifft, ist Sie einfach: Zahlen Sie Ihren Mitarbeitern ein gutes Gehalt und tun Sie als Kanzleiinhaber dann alles, damit Ihre Mitarbeiter das Geld vergessen. Nur so gelingt es, dass sie sich auf das konzentrieren, was wirklich zählt: Der Kunde, das Produkt, die Aufgabe.
Und wenn es schon eine Beteiligung geben soll, dann eine Beteiligung am Kanzleigewinn. Das widerstrebt Ihnen? Das sei doch ungerecht? Sehen Sie es von einem anderen Standpunkt: Wir alle wollen ja Teamarbeit. Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile. Da widerspricht keiner. Und alle klatschen Beifall. Nur bei variablen Gehältern werden Einzelleistungen bzw. Abteilungsleistungen belohnt. Das führt dann dazu, dass die betroffenen Personen bzw. Abteilungen beginnen sich zu rivalisieren. Die Buchhaltungsabteilung wird sich hüten, etwas zu tun, das der Buchhaltungsabteilung helfen könnte und vice versa. Im Falle eine Teamstruktur führt eine solche Situation meist dazu, dass die Teams sich nicht gegenseitig unterstützen.
An diesem Punkt wird dann versucht, durch ein ausgeklügeltes System diese Effekte zu vermeiden. Das hat aber zur Folge, dass die meiste Zeit nur über diese Systeme diskutiert und wieder der Kern der Sache vergessen wird: Der Klient, die Dienstleistung und die Aufgabe. Übrigens "Abteilung" kommt von "ab-Teilen"!
2) Sorgen Sie dafür, dass Sie die Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter nicht behindern. Es genügt schon, einfach keine “Demotivation” zu betreiben. Und Demotivation geschieht leider öfter als angenommen. DER entscheidende Faktor der Demotivation des Mitarbeiters ist der Kontakt zum unmittelbaren Vorgesetzen.
Ein paar Beispiele aus dem Arsenal der Demotivierung:
- überzogene, persönliche Kritik, lautstark vorgetragen
- der Mitarbeiter bekommt unzureichende Informationen
- der Mitarbeiter wird übersehen
- der Chef zieht das Thema immer an sich und ist gegenüber den Argumenten seiner Mitarbeiter nicht offen.
Mit diesen einfachen Arten der Demotivierung erreichen Sie im Nu, dass die Mitarbeiter innerlich kündigen. Die innere Kündigung ist ein Zustand der sich in vielen Unternehmen vorfindet. Der Mitarbeiter ist zwar physisch noch anwesend, aber innerlich hat der das Unternehmen schon längst verlassen. Sein Leben beginnt um 18 Uhr. Sie erkennen es unter anderem an folgenden Verhaltensweisen:
- Der Mitarbeiter nimmt Entscheidungen widerstandslos hin
- Der Mitarbeiter bringt von sich aus keine Vorschläge und wenn dann nur alibimäßig
- Krankenstand schon bei der kleinsten Verkühlung
Lassen Sie Ihren Mitarbeitern Freiraum, damit sie sich entwickeln können. Geben Sie ihnen Chancen, herausfordernde Aufgaben und unterstützen Sie sie dabei. Meist sind Mitarbeiter ja unterfordert. Falls der Mitarbeiter trotz der gebotenen Möglichkeiten von sich aus nicht die gewünschten Ergebnisse bringt, überprüfen Sie zuerst, ob der Mitarbeiter der Richtige ist, bevor Sie an Motivationstechniken denken.
3) Schaffen Sie Vertrauen. Damit ist gegenseitiges Vertrauen gemeint. Was so einfach klingt, wird leider oft übersehen und als vorhanden angenommen. Leider ist es das nicht. Erfolgreiche Führungskräfte haben eines gemeinsam: Sie haben das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter. Ihr Verhalten in Bezug auf Führung ist nachvollziehbar und vorhersehbar. Sie hören zu und sind als Person echt.
Auch wie sie mit Fehlern umgehen, unterscheidet sie von einem Großteil der Führungskräfte:
- Fehler der Mitarbeiter sind Fehler der Führungskraft: nach außen und nach oben. Nach innen muss dieser Fehler selbstverständlich korrigiert werden.
- Fehler der Führungskraft sind Fehler der Führungskraft – und das ohne Außnahme.
Auch schon die Tatsache, dass erfolgreiche Führungskräfte sagen was sie meinen, unterscheidet sie von vielen anderen. Das heiß aber nicht, dass Sie alles sagen müssen, was Sie meinen. Es gibt immer wieder Umstände, die Führungskräfte besser nicht mit ihrem Team besprechen sollen. Was Sie aber sagen, sollen Sie auch wirklich so meinen.
Durch das Einhalten dieser 3 Punkte haben Sie zumindest den Beginn geschafft. Als zusätzliche Hilfe schlage ich Ihnen vor: Verwenden Sie in Zukunft statt des Begriffes Motivation (von außen) das Wort Manipulation. Es gibt nämlich nur eine einzige Person auf der Welt, die Sie wirklich “motivieren” können. Und das sind Sie selbst.
Alle anderen Personen können auch nur sich selbst motivieren (Automotivation). Der Rest ist Manipulation, die auf lange Sicht gesehen immer negative Konsequenzen und auch hohe Kosten verursacht.
Wenn Sie mehr über dieses Thema wissen möchten empfehle ich Ihnen
Reinhard K.Sprenger: Mythos Motivation
Reinhard K. Sprenger: Vertrauen führt
Fredmund Malik: Führen, Leisten, Leben
Zu den Buchempfehlungen
1 Kommentar
Marian 26.10.2017 / 14:07 Uhr
Ich denke auch das Selbstmotivation einer der wichtigsten Triebfedern ist. Allerdings bin ich überzeugt, dass man Motivation durch Sinn auch immer erzeugen kann. Wenn jemand Sinn sieht in dem was er tut ist er automatisch motiviert, wenn nicht dann eben nicht. Ein Arbeitgeber müsste also unbedingt darauf achten, dass die Mitarbeiter ihren Sinn sehen können und wenn nicht dann muss man sich halt selbst drum kümmern. Zum Beispiel mit der Methode der "Warum-Liste" die wird in einem Podcast auf iTunes mit dem Titel "Die Kunst der Selbstbeeinflussung" erklärt. Dadurch können auch gefühlt "sinnlose" Tätigkeiten wie die Steuererklärung schreiben, als sinnvoll erlebt werden.